Förderung der Interdisziplinarität
Seit April diesen Jahres gibt es ersmals ein studentisches LAB organisiert vom AStA.
Zehn Gruppen wurden ausgewählt und haben die Möglichkeit innerhalb dieses LABs eigenständig und interdisziplinär zu ihrem frei gewählten Thema zu arbeiten.
Roman Pertl, Vorsitzender des AStA, stellt das LAB in einem Interview nochmal genauer vor.
Elisa: Schön, dass du da bist. Erzähl doch mal, wie ist denn das AStA-LAB entstanden?
Roman: Erst mal muss ich sagen: es heißt nicht AStA-LAB (Lachen). Es heißt auch eigentlich nicht studentisches LAB. Das hat sich jetzt im allgemeinen Sprachgebrauch so eingespielt, weil es das erste rein studentische LAB ist, im Gegensatz zu den anderen LABs an der Hochschule. LABs können ja von allen angemeldet werden, einmal von DozentInnen, von Institutionen auch, wie das LAB Urbane Sentimentalität.¹ Und eben auch von Studenten. Das ist aber wirklich das erste Mal, dass es ein studentisches LAB ist und es ist dementsprechend auch das erste Mal, dass es ein LAB ist, was der AStA angemeldet hat. Das gab’s vorher nicht. Auch die Formulare waren dafür gar nicht ausgelegt.
Roman Pertl | AStA-Vorsitzender
Es kam dazu eigentlich, weil ich ein Stipendium für einen Aufenthalt in Montepulciano bekommen hatte. Das war 2011, glaube ich.² Dort treffen sich Studierende unter einem besonderen Thema. Und da wird dann gemeinsam gearbeitet. Interdisziplinär. Im Austausch. Und das hat mich so sehr beeindruckt, das war eigentlich das Beste bisher, was ich in meinem Studium erleben durfte.
Und dann habe ich mir überlegt, dass dieser interdisziplinäre Gedanke ja im Folkwang-Gedanken schon integriert ist. Studierende aus unterschiedlichen Richtungen treffen sich, wollen zu einem Thema arbeiten und machen da ein Projekt raus. Und dafür wollten wir eine Plattform bieten, damit diese Projekte stattfinden können.
Wir wollten das erst ohne das LAB machen. Wir haben gedacht, okay, wie machen wir das? Wir finanzieren das aus Studierenden-Mitteln. Wir bieten einfach die Plattform. Leute kommen und ihre interdisziplinären Arbeiten werden gefördert. Und dann haben wir unser Konzept dem Rektor dargelegt. Und der meinte, dafür haben wir eine sehr gute Institution an der Folkwang – nämlich das LAB. Es hatte dann viele, viele, viele Vorteile, das über das LAB laufen zu lassen. Und es ist auch so, dass es eigentlich dafür geeignet ist, das darüber zu machen.
Ich kannte LABs vorher auch nicht wirklich gut. Und das ist auch bis jetzt so, dass eigentlich die Mehrzahl der Studierenden und der DozentInnen nicht wissen, was ein LAB ist. Das ist eigentlich schade, weil wenn die Hochschule so was cooles anbietet, was eigentlich den Grundgedanken dieser Hochschule hochhält und unterstützt, dann sollte man das irgendwie schon kennen.
Und jetzt ist die Grundidee von damals halt ein LAB. Das ganze unter dem übergreifenden Titel „Freie interdisziplinäre Arbeit im gesellschaftlich-politischen Zusammenhang“. Das ist ein Arbeitstitel, um das Thema so weit wie möglich zu fassen. Zu diesem Thema haben sich verschiedene Gruppen bei uns beworben. Studierende, die sich schon in Arbeits- oder Projektgruppen zusammengeschlossen haben. Das ist auch der Gedanke, dass Studierende mit ihren Arbeitsansätzen kommen, mit ihrem Willen, mit ihren Themen und daraus dann ein gemeinsames übergeordnetes LAB entsteht. Wir entwickeln das übergeordnete Thema des LABs von unten heraus. Also aus den Themen, aus den Ideen und Diskussionen, die während des Labs entstehen. Daraus wird das LAB gebaut.
Elisa: Deswegen ist euer Titel auch erstmal sehr weit gefasst.
Roman: Deshalb ist der Titel sehr, sehr schwammig und weit. Aber die Richtung ist schon klar. Es geht jetzt nicht darum, quasi Kunst der Kunst Willen zu machen, sondern es geht um die Verbindung der jungen KünstlerInnen mit ihrer Außenwelt. Weil es schnell passiert, dass man, wenn man sich längere Jahre nur mit seiner eigenen Kunst beschäftigt, dass das irgendwie so ein bisschen inzestuös wird. Und das man sich nicht mehr die Fragen stellt „worum geht es denn eigentlich?“ „warum mach ich das eigentlich?“ Mit dem LAB wollen wir so ein bisschen wieder dahin.
Elisa: In welcher Form werden die Gruppen von dem LAB unterstützt?
Roman: Es gibt ein Stipendium im studentischen LAB. Das haben wir damals per Stupa-Beschluss durchgesetzt, dass der AStA im Grunde jeder Gruppe 1.000 Euro als Kreativstipendium zur Verfügung stellt. Das ist noch außerhalb der Finanzierung, die sowieso vom LAB kommt. Dann haben wir noch Mittel, um das ganze LAB zu organisieren.
Elisa: Das heißt jede Gruppe hat die Möglichkeit Kosten, die eventuell für die Produktion aufkommen, über das Stipendium abzurechnen.
Roman: Genau. Der Gedanke dahinter ist auch die eigene Präsentation und das freie Arbeiten zu fördern. Also z.B.: ich habe ein Projekt, muss mich aber um alles selber kümmern. Was für manche von uns auch im Berufsalltag auf uns zukommen wird. Für manche eben weniger, manche werden angestellt sein, manche werden aber auch frei arbeiten wollen und jetzt diesen Vorgeschmack bekommen. 1.000 Euro sind im Grunde nichts. Aber für eine studentisches Projekt ist es schon relativ viel. Es ist deshalb interessant, weil es limitiert ist. Man sagt, man hat nicht vielleicht noch einen Hunderter mehr, sondern man hat einfach 1.000 Euro und Ruhe. Und man muss genau mit diesen 1.000 Euro so wirtschaften, dass man eben das, was man ausdrücken möchte oder was man erarbeiten möchte…das man damit klar kommt.
Elisa: Und ihr habt ja zwischendurch auch Treffen, wo sich die Gruppen alle sehen, kristallisiert sich jetzt schon so ein gemeinsames Thema heraus? Wo sind die Schnittpunkte?
Roman: Das war eigentlich das Ziel des ersten Treffens. „Lasst uns mal einen Begriff finden, was uns alle eint“ – das ist natürlich auch eine Utopie. Was daraus entstanden ist, ist ganz interessant. Wir haben viele Begriffe und die wurden dann wieder in die Gruppen reingenommen. Was sich für mich rauskristallisiert – das kann ich aber noch nicht stellvertretend für alle sagen – ist, dass es immer um das “ICH“ geht, das auf einen Widerstand in der Welt trifft. Es gibt Gruppen, die zum Thema Identität, Identitätsstörung arbeiten, zum Thema öffentlicher Raum, die sich dann damit beschäftigen: Ich biete meine Kunst an im öffentlichen Raum. Wie reagiert der öffentliche Raum darauf? Oder zum Thema Körper und digitale Gesellschaft. Was bewirkt diese Digitalisierung, die um mich herum passiert? Was bewirkt die in mir? Also, gibt es da Widerstände? Oder Mehrwerte?
Elisa: Also, ich werde konfrontiert mit der Welt. Könnte man vielleicht sagen der egozentrische Künstler? Würdest du das sagen?
Roman: Das hast du jetzt gesagt. (Lachen) Ja, also es ist eine gewisse Form von Egozentrik, auf jeden Fall. Aber eine Egozentrik ist es deshalb wieder nicht, weil das Thema ist nicht „Ich-selber“ ist, sondern das ist schon, wie und wo stehe ich in dieser Welt. Das heißt, es dreht sich schon um sich selber, immer um sich selber, aber es geht auch darum, wo drehe ich mich? In welchem Zusammenhang? Auch die Frage, wie definiere ich mich in dieser Welt? Also woran halte ich mich fest?
Elisa: Und in welcher Phase seid ihr jetzt aktuell und was sind die nächsten Schritte?
Roman: Also, das ist total unterschiedlich. Wir haben ja zehn Arbeitsgruppen. Es ist jeder Fachbereich, ich glaube, sogar fast jeder Studiengang…auf jeden Fall jede Studienrichtung dabei! Und diese zehn Arbeitsgruppen arbeiten unterschiedlich.
Es gibt Leute, die haben schon sehr viel gearbeitet. Und es gibt Leute, die sind immer noch im Diskussionsstadium.
Was ich jetzt sagen kann ist, dass die Arbeit bei den meisten schon sehr weit fortgeschritten ist und was jetzt kommen wird, ist wirklich das Finden eines gemeinsamen Bogens. Also, die Frage, wie kann man davon profitieren, dass andere Gruppen an anderen Themen arbeiten. Also, wenn wir wieder zusammentreffen, diese 60 Studierenden…was kann man in einer gemeinsamen Diskussion an Mehrwert für die eigene Gruppe herausfinden.
Das nicht nur das Arbeiten in der eigene Gruppe zum Selbstzweck wird, sondern auch wirklich der Input von Außen geholt wird. Und es gibt auch Möglichkeiten die Gruppe zu verbinden. Es gibt eine Gruppe, wie gesagt, die arbeitet im öffentlichen Raum, die hat einen Schrank gebaut, wo KünstlerInnen außerhalb einer Galerie, außerhalb eines Ortes, der dafür gebaut ist, auftreten sollen. Da könnte ich mir vorstellen, dass eben verschieden Projekte auch innerhalb dieser Performance stattfinden können.
Elisa: Wie, wo und wann werden diese Projekte präsentiert?
Roman: Wir streben eine Präsentation des gesamten LABs, das heißt aller Gruppen, zur Eröffnung des Folkwang Theaterzentrums Bochum an. Das ist am 08. Mai 2014. Wir streben ein mehrtägiges Festival um diesen Termin herum an. Wir wissen jetzt mittlerweile, dass wir es nicht davor machen können, weil das Theaterzentrum dann noch nicht bespielbar ist. Wir wollen es auch nicht wirklich während der Eröffnung machen, weil sich das dann beißen würde, weil es schon ein eigenständiges Projekt ist und auch als eigenständiges LAB erkennbar sein soll. Da ist noch Diskussionsbedarf.
Das Theater vom Theaterzentrum steht auch noch nicht. Es ist im kontinuierlichen Bau (schmunzelt). Aber es steht noch nicht da und man kann noch nicht sagen, welche Räume jetzt wirklich zur Verfügung stehen und welche wirklich benutzt werden können. Wir wissen auch nicht wirklich, was wir an Programm haben. Also, haben wir reine Bühnen-Performances oder manche gehen eben doch auf eine Dokumentation oder brauchen sie einen kleineren Raum, brauchen sie vielleicht öffentlichen Raum, also den Raum, um das Theaterzentrum herum. Das wissen wir alles noch nicht. Das muss alles noch geplant werden.
Elisa: Dann ein Frage zum Abschluss. Du bist ja jetzt fast Absolvent, also bist dabei deinen Abschluss zu machen. Was passiert mit dem LAB, wenn du gehst?
Roman: Dann kommt eine große schwarze Wand.
Das weiß ich nicht. Also, ich habe fest vor, weil es auch so ein bisschen mein Baby ist, bis zum Mai zu bleiben. Also, wirklich bis zum 08. Mai und auch noch danach zu evaluieren zusammen mit dem neuen AStA – wie kann man das wiederholen? Ist es wiederholbar?
Auch mit der Hochschulleitung zu klären, welche Regeln geändert werden müssten. Da zeigt sich ein bisschen, dass gewisse Formalitäten einfach so schwierig sind, dass das noch Mal wiederholt werden könnte. Es wird auch eine Dokumentation geben des Ganzen. Wenn das alles geschafft ist, würde ich mich verabschieden. Es kann jetzt sein, dass ich einfach vorher einen Beruf ausüben muss. (Lachen) Das kann sein. Das heißt, eventuell werde ich das Ganze abgeben. Ich werde aber mich nicht komplett lösen vom LAB. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich werde bis April halt als AStA-Vorsitzender arbeiten und dann müssen wir Mal gucken. Im Februar schließe ich jedenfalls mein Studium ab.
Elisa: Dann hoffen wir, dass da sehr tüchtige und talentierte Nachfolger kommen. Vielen Dank, Roman.